REVIEW: Von der Industriebrache zur kreativen Produktionsstätte

Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt und meldet einen wachsenden Bedarf an preiswertem Arbeitsraum – aufgrund steigender Mietpreise lässt sich dieser in den deutschen Großstädten aber kaum noch decken. In Berlin, Leipzig und Dresden ist die „Abwanderungsdiskussion“ aktuell in vollem Gange. Das Problem kann jedoch auch als Chance betrachtet werden: die aufgrund ihrer Größe städtebaulich und wirtschaftlich bedenklichen Industriebranchen werden von der Kreativ- und Kulturwirtschaft generell als attraktiver „Freiraum“ gewertet. Hier setzt das Modellprojekt „Kreativfabrik Freital“ an, das plant die Alte Lederfabrik Freital von der Industriebranche in eine kreative Produktionsstätte zu verwandeln.

2. WORKSHOP zu Forschungsarbeit und Modellvorhaben Niedrigschwellige Instandsetzung brachliegender Industrieanlagen für die Kreativwirtschaft


Die Lederfabrik F.G. Sohre AG war bis 1991 ein Unternehmen in der Kreisstadt Freital. Von 2000 bis 2014 befand sich das Fabrikgebäude in Freital in Privatbesitz. Seitdem wurden große Teile der Fabrik abgerissen. Die noch erhaltenen Gebäudeteile stehen unter Denkmalschutz, werden aber nicht genutzt. Seit 2013 ist die Lederfabrik als Modellprojekt Teil der Forschungsarbeit „Niedrigschwellige Instandsetzung brachliegender Industrieanlagen mit nutzerorientiertem Umbau zu kostenoptimierten Arbeitsräumen für die Kreativwirtschaft - Kreativfabrik Freital.“
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Zur Vorstellung, Diskussion und Entwicklung der „Kreativfabrik Freital“ hat am 8. Oktober 2014 bereits zum zweiten Mal ein Workshop im Freitaler Technologiezentrum stattgefunden. Neben Einblicken in den aktuellen Projektstand, hatten die Teilnehmer die Gelegenheit verschiedene Fachbeiträge zu hören und anschließend im zweiten Teil der Veranstaltung in drei Arbeitsgruppen vertiefend in Diskussionen einzusteigen. Die Diskussionsthemen variierten von „Die Industriebranche aus Sicht des Eigentümers“ bis hin zu „Wenn’s in großen Städten eng wird – Weg aufs Land?“. Denn jede Arbeitsgruppe richtete sich spezifisch an „Eigentümer“, „Nutzer“ oder „Betreiber“ zwecks einer gezielten Auseinandersetzung mit aktuellen Tendenzen und Problemen, deren Arbeitsergebnisse zum Abschluss präsentiert wurden.
Über den Rahmen der Workshops hinaus bietet die projektbegleitende Website die Möglichkeit, einen Fragebogen auszufüllen und so einen wichtigen Beitrag zum Projekt zu leisten. Der Fragebogen richtet sich sowohl an Raumsuchende als auch an Raummieter und Raumeigentümer. Die Ergebnisse der ausgefüllten Fragebögen sollen eine Grundlage des Kriterienkatalogs für Standortwahl und Raumwahl Kreativer sein.
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Ziel des Modellvorhabens ist es, durch die Aktivierung der Alten Lederfabrik schrittweise und dauerhaft preiswerte Räume für Kreative zu schaffen. Projektbegleitend soll ein Nutzungs- und Aktivierungskatalog für Investoren und Administration entstehen, um auch in anderen bundesdeutschen Regionen eine nachhaltige Aktivierung großflächiger Bestandsgebäude zu ermöglichen – abgeleitet vom Prototyp „Kreativfabrik Freital“.
Große Strukturen wie ehemalige Fabriken und Kaufhäuser bieten die idealen Räumlichkeiten für kreative Unternehmen und für neue Arbeitswelten. Entscheidend ist neben dem Vorhandensein von freien großen Räumen die Finanzierbarkeit und Bezahlbarkeit der Mietflächen, um Investoren und Nutzer zusammenzubringen. Viele Städte in Deutschland verfügen über solche innerstädtischen Brachen, die auch mit Hilfe privater Investoren und Banken niedrigschwellig aktiviert werden können. Hier gilt es Hemmschwellen abzubauen und aufzuzeigen, dass solche Sanierungen bzw. Low-Budget-Projekte nachhaltig und profitabel sein können. Gleichzeitig befördern die großen Anlagen mit verschiedensten Raumangeboten das Streben der Kreativen nach Flexibilität. Wenn historische Anlagen mit flexiblen Räumen, Kreative Klasse und günstige Mietpreise so privaten Investoren zugeführt werden, entsteht ein einzigartiger Standortvorteil für die jeweilige Stadt.