Jan Frintert, Journalist

IHR SEID WIR Nr. 4
Wir machen Dresdens kreative Köpfe sichtbar und stellen euch ab sofort jeden Mittwoch eines von 110 WGD-Mitgliedern aus 12 Teilbranchen der Kultur- und Kreativwirtschaft vor.
Mit Jana Betscher haben wir vergangenen Mittwoch einen ersten Einblick in den Pressemarkt bekomme. Heute nimmt Jan Frintert uns mit auf eine Reise durch den Journalismus der letzten 30 Jahre in Dresden.

Möglicherweise weiß kaum ein:e Zweite:r in der Dresdner Neustadt soviel über jede Straßenecke, jede neu eröffnende sowie alt etablierte Bar, jeden Laden, jede Galerie und kann so viele Geschichten über dieses Viertel erzählen wie unser Mitglied Jan Frintert. Seit 1999 betreibt der studierte Kommunikationswissenschaftler und freie Journalist das Online-Magazin Neustadt-Geflüster. Hier wird fündig, wer eine Frage zu aktuellen Geschehnissen hat – ob nun geplante Veranstaltung, anstehende Straßensperrungen oder Berichte über aktuelle Feuerwehreinsätze.
Neben den Leser:innen hat auch schon der eine oder die andere neue Besitzer:in eines Bistros oder Geschäftes durch Jan erfahren, was an dem Ort ihres Schaffens in den Jahrzehnten zuvor passiert ist.

Geschichten zu bewahren, ist einer der Hauptgründe für die Idee zu diesem Format gewesen. Als Jan vor knapp 30 Jahren bei der Sächsischen Zeitung (SZ) anfing, waren die Publikationsmöglichkeiten des Journalismus im Internet noch rudimentär und bekamen zudem wenig Aufmerksamkeit vom Publikum. Seine wöchentliche Kolumne in der SZ konnte nur lesen, wem die aktuelle Ausgabe vorlag – dieser raschen Vergänglichkeit wollte Jan schon im letzten Jahrtausend etwas entgegensetzen. Die fortschreitende Technologie ermöglichte sowohl die Anlage öffentlicher und digitaler Archive - für Menschen mit Internetzugang - als auch durch die aufkommende Blogfunktion mit Nutzer:innen in Interktion zu treten. Heute ist die Idee zu einem viel geklickten Nachrichtenportal gewachsen, mit 70.000 bis 80.000 Leser:innen pro Monat. Im Juni jedoch explodieret die Statistik, wenn das Neustadt-Geflüster als offizieller Medienpartner das detaillierte Programm der Bunten Republik Neustadt (BRN) veröffentlicht.

Mit fortschreitender Digitalisierung verändert sich “die Printmedien” und “die Presselandschaft”: Haptik und Plattform der Nachrichtenportale erweitern sich ebenso wie das Nutzungsverhalten der Leser:innen, die jetzt auch als Kommentator:innen und Autor:innen unmittelbar sichtbar werden. Die herkömmlichen, klaren Strukturen zur Nachrichtenübermittlung weichen auf – und sogar die Art der Berichterstattung und Aufmerksamkeitslenkung Clickbait ändert sich. Zeitungen sind heute im Internet. Radios machen Videos. Medien sind zu multi-Media-Plattformen gewachsen. Noch im 20. Jahrhundert hatten Radio- und TV-Nachrichten einen höheren Stellenwert. Mit Nachrichten an die Öffentlichkeit zu treten, war ein Privileg von Einzelnen mit entsprechender Ausbildung. Redakteur:innen wählten aus, über welche Fakten, Ereignisse und Zusammenhänge die Gesellschaft diskutierte – diese Form der professionellen Berichterstattung war zugleich auch ein Gatekeeping-Prozess, der allein durch die Themenauswahl und die begrenzte Zeit (Radio) bzw. Zeichenanzahl (Printmedien) die Aufmerksamkeit der Rezipierenden aus heutiger Sicht einschränkt. Durch die zunehmende Bedeutung von Social Media-Plattformen wie Twitter, YouTube und Instagram ist "der Journalismus" vielgestaltig und multiperspektivisch geworden: Verlinkungen, Diskussionsforen und Kommentarfunktion betonen seit über 20 Jahren mit dem Ansatz des „Web 2.0“ eine Notwendigkeit, die vormaligen Leser:innen nun als Nutzer:innen – ernst zu nehmen. Seither haben sich die Informationskanäle und Content-Creators global verändert.

Jan hat sein journalistisches Handwerk von der Pieke auf gelernt. Angefangen als Zivi bei der Dresdner Studierendenzeitung, dann zur Sächsischen Zeitung (Sächsische.de), zum Radio, als Nachrichtenredakteur zum Fernsehen (SACHSEN FERNSEHEN Dresden), bis heute im Internet und als freier Texter für Auftragsarbeiten. Seine langjährige Erfahrung lehrt ihn, dass es nicht darum geht, eine Pressemitteilung an möglichst viele Personen zu versenden. Vielmehr muss jeder Presseverteiler passgenau auf das jeweilige Thema zugeschnitten werden, um die Aufmerksamkeit der anvisierten Medienvertreter:innen nicht nur zu bekommen, sondern auch langfristig zu behalten. Als nicht zu verachtenden Fakt bemerkt Jan auch, dass seine Bekanntheit als Journalist bei der Presse mindestens genauso wichtig sei, wie das gut gefüllte Adressbuch mit Pressekontakten. Sein Tipp hier: „ich mache mich Interessant, indem ich interessante Dinge anbiete“.

Auf die Frage mit welcher anderen Teilbranche der KKW er gern mal zusammen arbeiten wollen würde, verrät uns Jan, dass er sich immer auch die Leidenschaft für das Schreiben fiktionaler Texte behalten hat. Für diese Geschichten kann er sich spannende Übersetzungsmöglichkeiten in Design oder darstellender Kunst vorstellen. Wir sind gespannt, in welcher Form wir dies vielleicht irgendwann erleben dürfen.

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