Symbolpolitik, die die Falschen trifft

Ein Kommentar.

In einem offenen Brief wendete sich Kulturbürgermeisterin der Stadt Dresden Annekatrin Klepsch gemeinsam mit zahlreichen Kulturvertreter:innen, darunter auch Wir gestalten Dresden, am 12. Januar 2022 gegen die drohende und mittlerweile am 14. Januar in Kraft getretene de facto Schließung der Kulturbetriebe. Strenge Hygieneauflagen, eine Beschränkung auf 2G+, FFP-Maskenpflicht und Kapazitätsbeschränkungen kommt für viele Einrichtungen einem erneuten Kultur-Lockdown gleich. Eine Öffnung lohnt sich dann für viele Kulturinstitutionen schlichtweg wirtschaftlich nicht.

Gleichzeitig sah das Infektionsschutzgesetz des Bundes vom 10. Dezember 2021 Schließungen lediglich für Gastronomie- und Kulturbetriebe vor. Auch wenn hier Millionen für Lüftungsanlagen investiert und Hilfsprogramme auf den Weg gebracht worden sind. Und wieso wird hier nicht auf die Ergebnisse von Modellprojekten zurückgegriffen, die belegen, dass ein geregelter Veranstaltungsbetrieb kaum bis kein Inzidenzgeschehen verursacht und damit vermutlich risikoarmer als jede illegale Party ist, die gerade gefeiert wird?
Davon abgesehen finden (allgemeine) Veranstaltungen und Clubs in der aktuellen Sächsischen Corona-Schutzverordnung auch bei sinkender Inzidenz vorerst kaum Berücksichtigung in der Lockerungsstrategie. Auch nicht im jüngst veröffentlichten, juristisch aber noch nicht bindenden Stufenplan - vermutlich auch, weil Clubs de facto noch (!) nicht als Kultureinrichtungen im Bundesgesetz verankert sind.

Ironischerweise greift ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. Juli 2020 ("Berghain-Urteil") hier vor. Techno-&-House-Events werden demnach als Veranstaltung mit konzertantem Charakter (und damit steuerrechtlich als kulturelle Veranstaltung mit entsprechendem Ticketsteuersatz von 7 % ) anerkannt. Ein Ritterschlag - zumindest seitens der Finanzverwaltung.
Wir dürfen die vor allem privatwirtschaftlich getragene Veranstaltungsbranche nicht aus dem Blick verlieren. Hier drohen nicht nur permanente Schließungen und Ausfälle, sondern langfristig stellen Abwanderung von Personal in andere Branchen (Braindrain) und allgemeiner Fachkräftemangel ein existenzbedrohendes Problem dar.

Angesichts der Lage der Branche und insbesondere der Clubs sollte nun ein gemeinsamer Dialog mit Politik und Verwaltung über langfristige Öffnungsstrategien her. Clubs brauchen Sicherheit, wann sie wieder öffnen dürfen, um ihren Betrieb mittelfristig planen und hochfahren zu können. Selbiges gilt für Veranstalter:innen.
Wenn Großveranstaltungen und die Öffnung von Clubs erst ab einer Inzidenz von unter 35 wieder sinnvoll möglich sein sollten, verlieren wir langfristig Begegnungsorte und Diskursräume.

#saveyourlocalartist #saveyourlocalclub