Diese Porträt-Serie korrespondiert mit der Performance „Wie klingt Heimat [für Dich]?“ von Marc Oliver Rühle und Felix Räuber, welche am 24.10. in der Hauptstraße 44 zu erleben sein wird.
Die Porträts von Siegfried Michael Wagner sind Bestandteil der interdisziplinären Produktion „Wie klingt Heimat?“, welche den aufgeladenen Heimat-Begriff aus einem neuen Blickwinkel heraus betrachtet, fokussiert und definiert. Dadurch wird eine sinnliche, poetische und assoziative Auseinandersetzung mit einem im Kern abstrakten Wort möglich, welches jedem einzelnen Individuum gleichermaßen und überall zusteht.
Wagner begleitet die Recherchen und Dreharbeiten der Produktion (Film, Musik, Publikation, Live-Event, Installation und Performance) von Anfang an mit seinem eigenen Auge und hat dabei unterschiedlichste Protagonist:innen der entstehenden Doku-Serie porträtiert. Menschen in intimen Momenten, in einem vertrauten Umfeld oder im Kontext der Identifikation – mit Heimat.
Fotos: Siegfried Michael Wagner | Protokolle: Marc Oliver Rühle
1. Felix Räuber, Musiker aus Dresden:
»Ich fahre mit einem VW-Bus über eine ruckelige Autobahn-Piste Südosteuropas, irgendwo zwischen Budapest und Belgrad. Eine meiner vielen Reisen, die für mich Abenteuer, Flucht, aber eben auch Heimat sind. Kornfelder und vereinzelte Bauernhöfe rauschen vorbei und aus dem kratzigen Autoradio ertönen die Melodien meiner neusten Musikproduktion. Der Rhythmus mischt sich mit dem dumpfen Holpern der Betonplatten unter mir und entwickelt so einen ganz eigenen, dröhnenden Sound. Vergangenheit und Zukunft verschwimmen, denn ich bin konzentriert im Augenblick, ganz bei mir und beim Klang meiner Musik, die für mich Heimat bedeutet, ganz gleich, wo ich mich auf dieser Welt befinde. Wenn ich aber an den Klang von Heimat denke, kommt mir ebenso der spezielle Pfiff meines Vaters in den Sinn, womit er uns Kinder früher zum Essen rief. Dieses Pfeifen wurde meist noch von einem Händeklatschen begleitet. Wenn ich heute meine Eltern besuche und zum Gartentor hineinkomme, ahme ich dieses Klatschen manchmal nach, um mich anzukündigen. Es ist eine bestimmte Resonanz, ein trockener perkussiver Ton, der so nur von meinem Vater kommen kann und den ich klar mit Heimat assoziiere.
2. Daniel Wessela, Kantor der Osterreiter aus Ralbitz:
»Heimat klingt für mich Sorbisch – wie meine Muttersprache. Vor allem aber auch wie die sorbischen Gesänge, die wir in der Osterzeit singen. Es ist ein sehr erhabenes Gefühl, zu Pferde singend die frohe Botschaft der Auferstehung verkünden zu dürfen. Das Klappern der Hufen auf dem Asphalt vermischt sich dabei mit Gebet und Gesang. Das berührt mich immer wieder. Heimat klingt für mich aber auch nach meinem Vater in der Schmiede, wenn er den Stahl bearbeitet, oder wie meine Kinder, wenn sie nach mir rufen. Heimatklang ist für mich das Singen in der Gemeinschaft, die sorbischen Volkslieder, aber ebenso auch die ländliche Ruhe, der sonntägliche Frieden im Dorf, wenn alles ruht und nur noch die Spatzen zwitschern.«
3. Tina Leucht vom Bergmusikkorps Saxonia aus Freiberg
»Heimat klingt für mich nach vertrauten Stimmen von Freunden und Familie. Diese Klänge lösen in mir ein Gefühl von Geborgenheit und Behaglichkeit aus. Auf dem Portrait bin ich in meiner Uniform des Bergmusikkorps Saxonia Freiberg e.V. zu sehen. Natürlich verbinde ich auch die dort gespielte Blasmusik mit einem Stückchen Heimat. Sie hat mich mein gesamtes Studium über begleitet und ist so ein wertvoller Teil meines Heimatgefühls geworden.«
4. Ekkard Seidl, Geigenbaumeister aus Markneukirchen:
»Ich war als Kind oft draußen spielen. Und da war hinterm Haus für mich viel zu entdecken, da gab’s einen Teich und einen Bach und ich war sonst wie weit hinten. Da konntest Du sonst wie laut nach mir rufen, das habe ich einfach nicht gehört. Aber die Trillerpfeife meiner Mutter, die hast Du anderthalb Kilometer weit gehört. Und wenn es dann getrillert hat, dann war klar, dass ich jetzt wieder nach Hause muss. Und dieses Pfeifen – ich glaube viele Familien haben so einen bestimmten, eigenen Pfiff – das ist für mich der Klang von Heimat.«
5. Matthew Lynch, Dirigent aus Dresden:
»Als jemand, der weit weg von seinem Geburtsort lebt, ist der Klang von Heimat nicht nur an einen Ort gebunden. Für mich ist es der Klang, wenn mein Vater in unserem Wohnzimmer Cat Stevens hört, oder wenn meine Schwester und ich zusammen Saxophon spielen. Aber es ist auch das Orchester Lausitzer Braunkohle, welches das Steigerlied vor ausverkauftem Haus in Hoyerswerda spielt, oder die Arbeit an einer Puccini-Oper mit meinem Opernensemble „szene12“ hier in Dresden. Mit Musik kann ich mich fast überall zu Hause fühlen.«
6. Helen Mayer, Pfadfinderin aus Dresden
»Für mich ist Heimat kein Thema. Aber bin ich somit heimatlos? Ich kann mich an jedem Ort wohl oder unwohl fühlen, geborgen oder ausgesetzt. Dabei sind die Menschen das Ausschlaggebende und nicht ein Ort, eine Erinnerung oder ein Klang. Obgleich ich große Sehnsuchtsgefühle am häufigsten beim Singen und Hören von Pfadfinderliedern bekomme – aber eher nach der Ferne, als nach Zuhause.«
7. Elisabeth Rohloff, Organistin und Kantorin aus Zöblitz
»Es gibt für mich mehrere Heimaten und ebenso deren Klänge. Zuerst ist da die Natur, die Geräusche des Wetters, zum Beispiel das Schneerieseln im Winter. Oder im Garten, die Bäume. Aber es ist eben auch mein Instrument, die Orgel und da am liebsten Bach – das klingt nach Heimat. Gerade bin ich aus dem Urlaub wiedergekommen und da bin ich direkt rüber in die Kirche und habe die Silbermannorgel spielen geübt. Aber seit nun 15 Jahren, die ich nun im Erzgebirge lebe, sind es auch die Lieder von hier, mit der Zither begleitet – das Mitsingen, Selbersingen, das ist jetzt auch Heimat.«
8. Arlett Grygar, Pfadfinderin aus Dresden:
»Als erstes denke ich daran, wie im Sommer die Amsel auf unserem Dach singt und die Pappeln vor dem Haus im Wind rauschen. Ich war mal längere Zeit im Ausland, den Gesang der Amseln habe ich währenddessen wirklich vermisst. Heimat zu finden, bedeutet für mich aber auch, von Menschen umgeben zu sein, die mir nahe sind und wenn ich überlege, wie das klingt, dann denke ich an das gemeinsame Singen, daran, ein Liedgut zu teilen und in der Musik ein gemeinsames Zuhause zu finden. Heimat, das sind auch die Lieder, die mich mit den Menschen hier vor Ort verbinden.«
9.1 Heiko Fehrmann vom Produzenten-Duo „Forest Roots“ aus Schlegel:
»Heimatklänge sind für mich Klänge, die ich aus der Kindheit kenne. Weil ich auf einem Hof groß geworden bin und da sind jeden Sommer Schwalben dagewesen und wenn ich Schwalben höre, muss ich an meine Kindheit denken. Beziehungsweise gab es auch Pfauen in der Nachbarschaft und wenn die abends gerufen haben, wenn ich schon im Bett lag, dann war das etwas ganz Typisches und Heimatliches, gerade im Sommer.«
9.2 Marcel Frehse vom Produzenten-Duo „Forest Roots“ aus Hainewalde:
»Heimatklänge sind für mich untrennbar mit Kindheitseindrücken von Natur verwoben, ganz stark gekoppelt an die dörfliche Umgebung, in der ich aufzuwachsen das Glück hatte. Die Verbundenheit mit der Natur ist um so stärker, da ich noch als Kind der ehemaligen DDR in meiner natürlichen Umgebung groß werden konnte, ohne viel technisches Spielzeug. Ich war viel draußen und die Phantasie spielte noch eine sehr große Rolle. Es gab immer Neues zu entdecken. All das zeigt sich auch in unseren Musikstücken, aber es ist weniger eine Aufarbeitung, als viel mehr eine sehnsuchtsvolle Rückkopplung mit dem Wunsch, diese unbeschwerten schönen Erinnerungen in einer neuen Qualität hervorzuholen und nochmals zu durchleben. Abseits unserer heutigen hyperaktiven Gesellschaft und den Tragödien dieser Zeit. So ist der Klang des Waldes und der Tiere Rückzugsort, Meditation, Tankstelle. Mit einer Mischung aus Freude, Geborgenheit und Urvertrauen, aber auch Melancholie und dem Wissen, dass der Mensch eigentlich nur sehr wenig braucht, um ganz bei sich zu sein. Es sind die natürlichen Ausformungen, die Heimat ausmachen, in die man als Seele auch nicht ohne Grund hineingeboren wurde.«
10. Juliana Kaulfürst, Ostersängerin aus Schleife:
»Wir haben immer sehr viel gesungen in der Familie, zu jedem Anlass und immer Sorbisch und das hat sich bei mir später dann mit Vogelgesang irgendwie verbunden. Die Vögel sind für mich ganz ganz wichtig und gehören für mich zum Klang von Heimat dazu. Die sorbische Sprache und das Vogelzwitschern – das ist’s.«
11. Heinz und X. Pfretzschner, Bogenbauer aus Markneukirchen:
»Ganz klar, unser Handwerk. Wir sind Bogenmachermeister. Alles bei uns in der Werkstatt klingt nach uns, nach unserer Arbeit, unserer Leidenschaft. Vor allem die Geräusche unserer alten Maschinen.«
12. Marie-Luise Feller vom Bürgerchor Hoyerswerda:
»Das ist ganz einfach für mich zu beantworten: die Lieder von Gerhard Gundermann.«
13. Siegfried Michael Wagner, Fotograf aus Dresden:
»Meine Heimat klingt für mich nach Kopfsteinpflaster und nach den Kirchenglocken, die mich umgeben, mich wecken, mich erinnern, wie spät es ist. Heimat ist für mich auch das Signalpfeifen und Rauschen der Schaufelraddampfer, welche über die Elbe schippern. Heimat sind vor allem aber auch die Stimmen der Menschen, die mir vertraut sind, die meine Freunde und Familie sind.«
14. Marc Oliver Rühle, Journalist aus Dresden:
»Wenn ich tief durch den Wald der Dresdner Heide spaziere, befriede ich meine Gedankenwelt und widme mich der vermeintlichen Ruhe der umgebenden Natur. Seit Kindesbeinen an konnte ich hier meine Phantasie spielen lassen. Wenn die ab spätem Frühjahr belaubten Baumkronen dann alljährlich durch Winde zu rauschen beginnen, fühle ich mich beheimatet, geerdet, zu Hause. Manchmal hört sich das Baumrauschen an, als wäre ich am Meer, als würden Wellen an einem weiten Strand auslaufen. Dann vermischen sich Fern- und Heimweh miteinander, je nachdem ob ich am Meer oder eben im Wald bin.«
The interdisciplinary production „What does ‚Heimat‘ sound like?“ aims to look at, focus and define the charged concept of ‚home‘ from a new angle. This enables a sensual, poetic and associative exploration of a word that is abstract at its core and to which every single individual is equally entitled, everywhere.
Wagner has accompanied the research and filming of the production (film, music, publication, live event, installation and performance) with his own eye from the very beginning, portraying a wide variety of protagonists in the emerging docu-series. People in intimate moments, in a familiar environment or in the context of identification – with home.
Über das Wort „Heimat“ diskutiert man viel. Es kann etwas Gutes bedeuten, aber es kann auch etwas Schlechtes sein. Das Projekt „Wie klingt Heimat?“ schaut sich das Wort „Heimat“ genauer an. Jeder Mensch kann etwas zu „Heimat“ sagen oder denken.
Siegfried Michael Wagner begleitet das Projekt von Anfang an. Er hat mit vielen Menschen über das Projekt geredet und diese Menschen fotografiert. Es waren ganz persönliche Momente oder Momente in einem bekannten Umfeld. Es waren auch Momente, in denen sich Menschen mit dem „Heimat“ beschäftigten.
Fotos: Siegfried Michael Wagner | Aufgeschriebene Gespräche: Marc Oliver Rühle
Diese Porträt-Serie korrespondiert mit der Performance „Wie klingt Heimat [für Dich]?“ von Marc Oliver Rühle und Felix Räuber, welche am 24.10. in der Hauptstraße 44 zu erleben sein wird.
Die Porträts von Siegfried Michael Wagner sind Bestandteil der interdisziplinären Produktion „Wie klingt Heimat?“, welche den aufgeladenen Heimat-Begriff aus einem neuen Blickwinkel heraus betrachtet, fokussiert und definiert. Dadurch wird eine sinnliche, poetische und assoziative Auseinandersetzung mit einem im Kern abstrakten Wort möglich, welches jedem einzelnen Individuum gleichermaßen und überall zusteht.
Wagner begleitet die Recherchen und Dreharbeiten der Produktion (Film, Musik, Publikation, Live-Event, Installation und Performance) von Anfang an mit seinem eigenen Auge und hat dabei unterschiedlichste Protagonist:innen der entstehenden Doku-Serie porträtiert. Menschen in intimen Momenten, in einem vertrauten Umfeld oder im Kontext der Identifikation – mit Heimat.
Fotos: Siegfried Michael Wagner | Protokolle: Marc Oliver Rühle
1. Felix Räuber, Musiker aus Dresden:
»Ich fahre mit einem VW-Bus über eine ruckelige Autobahn-Piste Südosteuropas, irgendwo zwischen Budapest und Belgrad. Eine meiner vielen Reisen, die für mich Abenteuer, Flucht, aber eben auch Heimat sind. Kornfelder und vereinzelte Bauernhöfe rauschen vorbei und aus dem kratzigen Autoradio ertönen die Melodien meiner neusten Musikproduktion. Der Rhythmus mischt sich mit dem dumpfen Holpern der Betonplatten unter mir und entwickelt so einen ganz eigenen, dröhnenden Sound. Vergangenheit und Zukunft verschwimmen, denn ich bin konzentriert im Augenblick, ganz bei mir und beim Klang meiner Musik, die für mich Heimat bedeutet, ganz gleich, wo ich mich auf dieser Welt befinde. Wenn ich aber an den Klang von Heimat denke, kommt mir ebenso der spezielle Pfiff meines Vaters in den Sinn, womit er uns Kinder früher zum Essen rief. Dieses Pfeifen wurde meist noch von einem Händeklatschen begleitet. Wenn ich heute meine Eltern besuche und zum Gartentor hineinkomme, ahme ich dieses Klatschen manchmal nach, um mich anzukündigen. Es ist eine bestimmte Resonanz, ein trockener perkussiver Ton, der so nur von meinem Vater kommen kann und den ich klar mit Heimat assoziiere.
2. Daniel Wessela, Kantor der Osterreiter aus Ralbitz:
»Heimat klingt für mich Sorbisch – wie meine Muttersprache. Vor allem aber auch wie die sorbischen Gesänge, die wir in der Osterzeit singen. Es ist ein sehr erhabenes Gefühl, zu Pferde singend die frohe Botschaft der Auferstehung verkünden zu dürfen. Das Klappern der Hufen auf dem Asphalt vermischt sich dabei mit Gebet und Gesang. Das berührt mich immer wieder. Heimat klingt für mich aber auch nach meinem Vater in der Schmiede, wenn er den Stahl bearbeitet, oder wie meine Kinder, wenn sie nach mir rufen. Heimatklang ist für mich das Singen in der Gemeinschaft, die sorbischen Volkslieder, aber ebenso auch die ländliche Ruhe, der sonntägliche Frieden im Dorf, wenn alles ruht und nur noch die Spatzen zwitschern.«
3. Tina Leucht vom Bergmusikkorps Saxonia aus Freiberg
»Heimat klingt für mich nach vertrauten Stimmen von Freunden und Familie. Diese Klänge lösen in mir ein Gefühl von Geborgenheit und Behaglichkeit aus. Auf dem Portrait bin ich in meiner Uniform des Bergmusikkorps Saxonia Freiberg e.V. zu sehen. Natürlich verbinde ich auch die dort gespielte Blasmusik mit einem Stückchen Heimat. Sie hat mich mein gesamtes Studium über begleitet und ist so ein wertvoller Teil meines Heimatgefühls geworden.«
4. Ekkard Seidl, Geigenbaumeister aus Markneukirchen:
»Ich war als Kind oft draußen spielen. Und da war hinterm Haus für mich viel zu entdecken, da gab’s einen Teich und einen Bach und ich war sonst wie weit hinten. Da konntest Du sonst wie laut nach mir rufen, das habe ich einfach nicht gehört. Aber die Trillerpfeife meiner Mutter, die hast Du anderthalb Kilometer weit gehört. Und wenn es dann getrillert hat, dann war klar, dass ich jetzt wieder nach Hause muss. Und dieses Pfeifen – ich glaube viele Familien haben so einen bestimmten, eigenen Pfiff – das ist für mich der Klang von Heimat.«
5. Matthew Lynch, Dirigent aus Dresden:
»Als jemand, der weit weg von seinem Geburtsort lebt, ist der Klang von Heimat nicht nur an einen Ort gebunden. Für mich ist es der Klang, wenn mein Vater in unserem Wohnzimmer Cat Stevens hört, oder wenn meine Schwester und ich zusammen Saxophon spielen. Aber es ist auch das Orchester Lausitzer Braunkohle, welches das Steigerlied vor ausverkauftem Haus in Hoyerswerda spielt, oder die Arbeit an einer Puccini-Oper mit meinem Opernensemble „szene12“ hier in Dresden. Mit Musik kann ich mich fast überall zu Hause fühlen.«
6. Helen Mayer, Pfadfinderin aus Dresden
»Für mich ist Heimat kein Thema. Aber bin ich somit heimatlos? Ich kann mich an jedem Ort wohl oder unwohl fühlen, geborgen oder ausgesetzt. Dabei sind die Menschen das Ausschlaggebende und nicht ein Ort, eine Erinnerung oder ein Klang. Obgleich ich große Sehnsuchtsgefühle am häufigsten beim Singen und Hören von Pfadfinderliedern bekomme – aber eher nach der Ferne, als nach Zuhause.«
7. Elisabeth Rohloff, Organistin und Kantorin aus Zöblitz
»Es gibt für mich mehrere Heimaten und ebenso deren Klänge. Zuerst ist da die Natur, die Geräusche des Wetters, zum Beispiel das Schneerieseln im Winter. Oder im Garten, die Bäume. Aber es ist eben auch mein Instrument, die Orgel und da am liebsten Bach – das klingt nach Heimat. Gerade bin ich aus dem Urlaub wiedergekommen und da bin ich direkt rüber in die Kirche und habe die Silbermannorgel spielen geübt. Aber seit nun 15 Jahren, die ich nun im Erzgebirge lebe, sind es auch die Lieder von hier, mit der Zither begleitet – das Mitsingen, Selbersingen, das ist jetzt auch Heimat.«
8. Arlett Grygar, Pfadfinderin aus Dresden:
»Als erstes denke ich daran, wie im Sommer die Amsel auf unserem Dach singt und die Pappeln vor dem Haus im Wind rauschen. Ich war mal längere Zeit im Ausland, den Gesang der Amseln habe ich währenddessen wirklich vermisst. Heimat zu finden, bedeutet für mich aber auch, von Menschen umgeben zu sein, die mir nahe sind und wenn ich überlege, wie das klingt, dann denke ich an das gemeinsame Singen, daran, ein Liedgut zu teilen und in der Musik ein gemeinsames Zuhause zu finden. Heimat, das sind auch die Lieder, die mich mit den Menschen hier vor Ort verbinden.«
9.1 Heiko Fehrmann vom Produzenten-Duo „Forest Roots“ aus Schlegel:
»Heimatklänge sind für mich Klänge, die ich aus der Kindheit kenne. Weil ich auf einem Hof groß geworden bin und da sind jeden Sommer Schwalben dagewesen und wenn ich Schwalben höre, muss ich an meine Kindheit denken. Beziehungsweise gab es auch Pfauen in der Nachbarschaft und wenn die abends gerufen haben, wenn ich schon im Bett lag, dann war das etwas ganz Typisches und Heimatliches, gerade im Sommer.«
9.2 Marcel Frehse vom Produzenten-Duo „Forest Roots“ aus Hainewalde:
»Heimatklänge sind für mich untrennbar mit Kindheitseindrücken von Natur verwoben, ganz stark gekoppelt an die dörfliche Umgebung, in der ich aufzuwachsen das Glück hatte. Die Verbundenheit mit der Natur ist um so stärker, da ich noch als Kind der ehemaligen DDR in meiner natürlichen Umgebung groß werden konnte, ohne viel technisches Spielzeug. Ich war viel draußen und die Phantasie spielte noch eine sehr große Rolle. Es gab immer Neues zu entdecken. All das zeigt sich auch in unseren Musikstücken, aber es ist weniger eine Aufarbeitung, als viel mehr eine sehnsuchtsvolle Rückkopplung mit dem Wunsch, diese unbeschwerten schönen Erinnerungen in einer neuen Qualität hervorzuholen und nochmals zu durchleben. Abseits unserer heutigen hyperaktiven Gesellschaft und den Tragödien dieser Zeit. So ist der Klang des Waldes und der Tiere Rückzugsort, Meditation, Tankstelle. Mit einer Mischung aus Freude, Geborgenheit und Urvertrauen, aber auch Melancholie und dem Wissen, dass der Mensch eigentlich nur sehr wenig braucht, um ganz bei sich zu sein. Es sind die natürlichen Ausformungen, die Heimat ausmachen, in die man als Seele auch nicht ohne Grund hineingeboren wurde.«
10. Juliana Kaulfürst, Ostersängerin aus Schleife:
»Wir haben immer sehr viel gesungen in der Familie, zu jedem Anlass und immer Sorbisch und das hat sich bei mir später dann mit Vogelgesang irgendwie verbunden. Die Vögel sind für mich ganz ganz wichtig und gehören für mich zum Klang von Heimat dazu. Die sorbische Sprache und das Vogelzwitschern – das ist’s.«
11. Heinz und X. Pfretzschner, Bogenbauer aus Markneukirchen:
»Ganz klar, unser Handwerk. Wir sind Bogenmachermeister. Alles bei uns in der Werkstatt klingt nach uns, nach unserer Arbeit, unserer Leidenschaft. Vor allem die Geräusche unserer alten Maschinen.«
12. Marie-Luise Feller vom Bürgerchor Hoyerswerda:
»Das ist ganz einfach für mich zu beantworten: die Lieder von Gerhard Gundermann.«
13. Siegfried Michael Wagner, Fotograf aus Dresden:
»Meine Heimat klingt für mich nach Kopfsteinpflaster und nach den Kirchenglocken, die mich umgeben, mich wecken, mich erinnern, wie spät es ist. Heimat ist für mich auch das Signalpfeifen und Rauschen der Schaufelraddampfer, welche über die Elbe schippern. Heimat sind vor allem aber auch die Stimmen der Menschen, die mir vertraut sind, die meine Freunde und Familie sind.«
14. Marc Oliver Rühle, Journalist aus Dresden:
»Wenn ich tief durch den Wald der Dresdner Heide spaziere, befriede ich meine Gedankenwelt und widme mich der vermeintlichen Ruhe der umgebenden Natur. Seit Kindesbeinen an konnte ich hier meine Phantasie spielen lassen. Wenn die ab spätem Frühjahr belaubten Baumkronen dann alljährlich durch Winde zu rauschen beginnen, fühle ich mich beheimatet, geerdet, zu Hause. Manchmal hört sich das Baumrauschen an, als wäre ich am Meer, als würden Wellen an einem weiten Strand auslaufen. Dann vermischen sich Fern- und Heimweh miteinander, je nachdem ob ich am Meer oder eben im Wald bin.«